Die Liebe greift ins Nichts und holt dich in das Sein,
drum danke wie du willst, die Lieb´ holst du nicht ein.
Der Lieb´ ist´s nicht genug, daβ sie nur Liebe ist,
sie will auch Gnade sein, will, daβ du Liebe bist.
Die Gnade greift ins Nichts und holt dich neu ins Sein,
auf daβ du ewig gehst ins Herz der Gottheit ein.
Die Gnade hat das Niedrigste ans Höchste ´bunden,
damit die Menschheit kann von ihrer Sünd´ gesunden.
Vor allem dies hat Gott der Welt geoffenbart,
daβ sich die gröβte Kraft nur mit der Demut paart.
Die Gnade wirkt, daβ alles Recht bleibt eben scharf,
und dennoch sich ein Mensch getrost Gott nennen darf.
Die Gnad´ vermochte, daβ der Sohn von Ewigkeit
den Menschen ward ein Vater in der Menschheit Kleid.
Die Gnade will, daβ eine Jungfrau Mutter wird,
sie ist es, die die Magd des Herrn mit Kronen ziert.
Die Gnade ist es schuld, daβ da ein Mensch wird rein,
und daβ ein Sünder stirbt und darf ein Heil´ger sein.
Die Gnade schafft, daβ Fleisch und Blut und Erdenstaub
den Gottesgeist sein Eigen heiβet ohne Raub.
Die Gnade spricht zum Du, wie niedrig es auch stehe:
Komm, stelle dich zu mir, damit dich Gott durchwehe!
Die Gnade weiβ um alles, auch um die Niedrigkeit,
und denkt doch nicht daran, und gibt dir Gottes Kleid.
Das alles will die Gnad´ und will es ohne Grund,
sie will es, weil sie will, denn Liebe macht sich wund
an ihrer eig´nen Lust, sie ist sich selbst ihr Pfeil,
ein Herz verzehrt sich stets zu aller Herzen Heil.
So greift die Lieb´ ins Nichts und hebt dich voll ins Sein,
drum gehe nun getrost ins Herz der Gottheit ein!
Doch geh alleine nicht, nimm auch mich Armen mit,
ich gehe ohne dich nicht einen einz´gen Schritt.
Denn Liebe braucht – Geheimnis – auf aller Herzen Pfaden
ein jedes Herz als Schiff und Fahrzeug ihrer Gnaden.
Drum nimm mich mit zum Heiland und zu der Mutter reine,
dort wirst du dann mit ihnen, mit Gott und mir all eine,
dort macht der Geist aus uns die ewig klare Krone,
versunken in ihm selbst, im Vater und im Sohne.
Gnade über Gnade
Epoche:
Scholastikat
Simpelveld, 24.11.1949